Scham zu empfinden ist vollkommen normal, ganz unabhängig vom Geschlecht. Doch Frauen schämen und entschuldigen sich besonders oft: für den eigenen Körper, weil sie als zu erfolgreich gelten, Single sind oder kinderlos bleiben. Anika Landsteiner hat ebendieses Phänomen auch bei sich festgestellt und geht der Frage nach, warum das so ist. In klugen, persönlichen Texten über alle Aspekte ihres Lebens − von Arbeit über Krankheit und Sexualität bis hin zur Auseinandersetzung mit ihrer Biografie − reflektiert sie über Selbstwert, Grenzüberschreitungen und darüber, dass sie sich nicht mehr kleinmachen lässt, weder von sich selbst, noch von anderen.
Quelle: Rowohlt
Vielen Dank an Rowohlt Polaris für dieses Rezensionsexemplar!
Schon die ersten paar Sätze des Klappentextes machten mir klar, dass ich Sorry not sorry unbedingt lesen möchte. Denn (Fremd-)Scham ist meine fast tägliche Begleiterin und manchmal nerve ich mich selber damit, für was und wie häufig ich mich entschuldige. Manchmal hilft ja, diese Mechanismen zu hinterfragen, zu verstehen, um gegen sie anzugehen. Und beim Verstehen, wo diese ständige (Fremd-)Scham herkommt, hilft Sorry not sorry auf jeden Fall.
Landsteiner verknüpft ihre eigenen Erfahrungen mit einer Analyse dessen, woher die Scham in dem jeweiligen Kontext kommt und zeigt häufig die historischen Hintergründe auf. Dabei war ich erstaunt über die Breite der Themen. So ist ein Kapitel dem Thema Reality-TV gewidmet, eines dem Altern und eines dem vielleicht schambehaftesten Thema unserer Gesellschaft: Sex.
Ich denke, das einige der Denkansätze im Buch für Menschen, die sich bereits mit feministischen Überlegungen und Ansichten auseinandersetzten, nicht unbedingt neu sind. Zumindest ging es mir so. Zugleich ist Sorry not sorry das erste Buch, das ich las, das sich so eingehend mit dem Thema Scham beschäftigt.
Mir hat dieses Buch geholfen. Zum einen fühlt man sich ja häufig allein mit den Dingen, die einen stören: an sich selbst, bei anderen, in der Gesellschaft. Zu merken, dass dem nicht so ist, ist tröstend und, ja, auch empowerned. Zum anderen ging es mir so, wie ich zu Beginn gehofft hatte: die Mechanismen hinter der Scham, die ich häufig fühle, zu verstehen, hilft mir, das abzubauen.
Und: in vielen der klassistischen, herablassenden Gedanken, die Landsteiner im Buch äußert und prompt hinterfragt, habe ich mich wiedererkannt. Das galt ganz besonders im Kapitel über Reality-TV. Und auch wenn ich vermutlich nie zu einem Fan des Formats werde (ich schaue fast ausschließlich Krimis), denke ich, dass mir das Lesen von Sorry not sorry helfen wird, meine eigenen klassistischen Ansichten zu hinterfragen. Auch diesbezüglich habe ich bisher nur wenige Bücher gelesen.
Meines Erachtens kann jede*r Leser*in aus diesem Buch etwas mitnehmen. Selbst wenn ihr euch schon mit einzelnen Aspekten von Scham und Themen, die dieses Buch umfasst, beschäftigt habt, wird das vermutlich nicht für alle gelten. Und Landsteiner stellt ihre Erkenntnisse auf eine leicht zugängliche, manchmal sarkastische Art dar, die einfach Freude macht beim Lesen.
Mich zu schämen hat mich in meinem Leben immer wieder ausgebremst. […] Erst indem ich über die Emotion geschrieben und sie nicht nur als lästig empfunden habe, kann ich sie als einen Schlüssel zur Selbstreflexion nutzen.
S. 241
Über Anika Landsteiner:
Landsteiner wurde 1987 geboren. Sie arbeitet als Autorin und Journalistin, wobei ihr Fokus u.a. auf sozialen Ungerechtigkeiten und Feminismus liegt. Zusammen mit der Paartherapeutin Dr. Sharon Brehm betreibt sie den Podcast Hello, lovers!
Landsteiner lebt in München.
Quelle: S. Fischer
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Paperback: ISBN 978-3-499-01273-0 | 20 €
eBook: ISBN 978-3-644-01759-7 | 14,99 €
Hörbuch: ISBN 978-3-7324-7423-3 | 18,95 €
256 Seiten | erschienen 2024
Verlagswebseite zum Buch
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Cover: Rowohlt
Autorin: Website von Anika Landsteiner