Rezension – Hallo, du Schöne

William Waters Kindheit ist lieblos und unglücklich verlaufen. Umso mehr freut er sich darüber, in die große, chaotische und liebevolle Familie seiner Freundin Julia Padavano aufgenommen zu werden. Julia ist die älteste von vier Schwestern und steht den drei jüngeren sehr nahe. Die vier stehen sich in jeder Lebenslage zur Seite und wachsen nur noch näher zusammen, als zunächst unerwartet ihr Vater stirbt und die Mutter kurz darauf nach Florida zieht. Doch Williams Vergangenheit holt ihn bald ein und treibt einen Keil zwischen die Schwestern. Der Riss wird sich erst kitten lassen, als es zu einem weiteren Schicksalsschlag kommt.

Vielen Dank an den DuMont-Verlag und NetGalley.de für dieses Rezensionsexemplar!

Dieses Buch habe ich gerade erst aus der Hand gelegt und es ist einfach so toll, dass ich am liebsten sofort in die Welt schreien würde, wie gut es mir gefallen hat. Ich bin die älteste von vier Schwestern und Bücher, die sich um vier Schwestern drehen finden in mir immer eine dankbare Leserin – das war schon bei Louisa May Alcotts Little Women so und traf auch bei Hallo, du Schöne wieder zu.

Little Women wird tatsächlich immer wieder erwähnt. Es geht so weit, dass die Schwestern sagen „Heute bin ich Beth“, wenn sie sich nicht gut fühlen. Bei mir ist es schon länger her, dass ich Alcotts Roman gelesen habe, aber mir sind doch ein paar Übereinstimmungen zwischen den beiden aufgefallen. Das macht Hallo, du Schöne aber keineswegs zu einer Adaption von Little Women; es ist ein eigenständiger Roman mit einer anderen Handlung.

Die vier Padavano-Schwestern lebten ihr Leben gemeinsam, feierten und nutzten die jeweiligen Stärken und glichen ihre Schwächen aus. Julia war die Organisatorin, Sylvie die Leserin und abgewogene Stimme, Emeline die Nährerin, Cecelia die Künstlerin.

S. 104 (tolino)

Ich war beim ersten Öffnen des Buchs überrascht, dass das Buch zu einem sehr großen Teil in den 1980er-Jahren spielt. Ich hatte mit Gegenwartsliteratur gerechnet (für mich ab 2000) und in meinen Augen merkte man an der verwendeten Sprache auch nicht, dass man sich 40 Jahre in der Vergangenheit befindet. Das fällt eher dadurch auf, dass die Schwestern teure Ferngespräche führen statt mit dem Handy anzurufen und an der Einstellung einiger Menschen im Buch zu Themen wie Schwangerschaft außerhalb der Ehe oder Homosexualität.

Letzteres war für mich übrigens eine der schönsten Überraschungen an Hallo, du Schöne: eine der Schwestern ist lesbisch und die Frage nach ihrem Lebensglück und ihrer Lebensplanung spielt ebenfalls eine Rolle. Dabei wird aber eben auch dargestellt, dass die Hürden für homosexuelle Menschen in den 1980ern doch noch deutlich höher waren als heute.

Das größte Kunstück, das Ann Napolitano gelingt, ist, dass man sich immer gut in die Person einfühlen konnte, aus deren Sicht die Geschichte gerade erzählt wird – das sind Julia, Sylvie, William sowie dessen Tochter. Und ich konnte mich in die vier sogar dann einfühlen, wenn ich die von ihnen getroffenen Entscheidungen für falsch hielt. Insbesondere Julia ist mir mit ihrer Sturköpigkeit und dem Unwillen, Verständnis zu zeigen, häufig auf die Nerven gegangen und dennoch fühlte ich sehr mit ihr.

Ich weiß nicht, ob ich dem Buch ein Happy End bescheinigen würde. Aber es ist ein gefühlvolles, einfach schönes Buch über Liebe und Familie und wie auch die Abkehr davon massiven Einfluss auf unser Leben hat.

Ist deine Liebe zu einer Person so groß, dass sie ein Teil deiner selbst ist, gräbt sich ihr Verlust in deine DNA, deine Knochen, deine Haut.

S. 375 (tolino)

Bewertung: 5 von 5.

Weitere Meinungen zum Buch:
Bookshelf Fantasies („I’ll be thinking about Hello Beautiful for quite a while to come“)
Literary Quicksand (5/5 Sterne; „a cozy family novel that I could pick up and fall into for a while“)
Girl About Library („an emotional rollercoaster in the way only a really good book can be“)

Über Ann Napolitano:
Napolitano studierte in New York, USA, und lehrt heute selbst an mehreren Universitäten Literatur. Hallo, du Schöne ist ihr vierter Roman und steht seit seinem Erscheinen in den USA auf der New York Times-Beststellerliste.
Ann Napolitano lebt mit ihrer Familie in Brooklyn, USA.
Quelle: DuMont

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Originaltitel: Hello Beautiful | Übersetzer: Werner Löcher-Lawrence
Hardcover: ISBN 978-3-8321-6945-9 | 25 €
eBook: ISBN 978-3-7558-1001-8 | 19,99 €
520 Seiten | erschienen 2024

Verlagswebseite zum Buch

Website der Autorin


Bildquellen
Cover: DuMont
Autorin: Website von Ann Napolitano (Bild von Jake Chessum)

CN für das Buch: Suizidversuch, Depressionen, Tod eines Elternteils, Misogynie (erwähnt), Homophobie (erwähnt), Krebs, Tod eines Geschwisters

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