Rezension – Bible Bad Ass

Klara steht am Rande eines feministischen Burn-Outs, voller Wut über die Ungerechtigkeiten, die ihr täglich wiederfahren und über die sie täglich in ihrem Job als Journalistin recherchiert. Doch eine Recherche über eine feministische Pastorin führt sie zu biblischen Frauenfiguren, von denen sie vorher nicht wusste. Und kurz darauf findet sie sich in einer Chat-Gruppe wieder, in dem sich ein Haufen Frauen darüber austauschen, wie sie aus der christlichen Geschichtsschreibung gestrichen wurden.

Vielen Dank an den Leykam Verlag und NetGalley.de für dieses Rezensionsexemplar!

Alle Erfahrung, die ich mit der Kirche habe, ist römisch-katholisch geprägt. Aber mit 19 bin ich aus der Kirche ausgetreten und dazu hat, neben der Tatsache, dass ich nicht an Gott glaube, durchaus auch beigetragen, wie die christliche Kirche mit Frauen, queeren Menschen und den Missbrauchsvorwürfen umgeht. Und an all dem hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert. So skeptisch ich also dem Christentum gegenüberstehe, kann ich auch sehen, dass man die Bibel als ein unglaublich interessantes historisches Dokument lesen kann. Bible Bad Ass nimmt sich dabei eines, in meinen Augen noch viel interessanteren, Aspekts der Bibel an: den Frauen darin.

„Nicht zuletzt durch die Bibel ist es der Kirche gelungen, Frauen als Gefahr darzustellen. Als weniger wert und sündig. […] viele Frauen und als weiblich verstandene Menschen wurden von der Kirche missbraucht und sind dann von der Bildfläche verschwunden.“

28 % (tolino-Edition)

Und der Teil des Buches, der sich um die biblischen Frauenfiguren dreht, darunter Maria Magdalena, Jesus‘ Mutter Maria, Lilith oder Ruth, war sehr interessant. Die Unterhaltung zwischen Klara und den biblischen Frauen findet in Chat-Form statt und ist häufig entsprechend informell. Dennoch unterfüttert Edith Löhle die Aussagen der Frauen mit entsprechend Informationen, die verdeutlichen, dass es sich bei Bible Bad Ass nicht nur um eine Schönfärbung der Bibel handelt.

Zunächst fand ich erstaunlich, auf wie viele Themen, die auch heute noch relevant sind, man durch die Kommunikation über die Bibel, ein jahrtausendealtes Dokument, kommen kann. So stellen sich im Laufe des Buchs Fragen zu Sex, Menstruation, Gleichberechtigung, queeren Menschen, dem Umgang mit älteren Mitmenschen und so viel mehr. Andererseits spielten diese Themen auch schon vor tausenden von Jahren eine Rolle. Und bezüglich mancher der Themen kann man daher sagen: wie traurig!

Aber diese positiven Aspekte des Buches kamen mir viel zu kurz! In der Chat-Gruppe gibt es biblische Frauen, die weder vorgestellt werden, noch zu Wort kommen. Und Klaras Leben dreht sich viel darum, wie sie mit der Wut ins sich umgehen soll. Zu Beginn beschreibt sie ihren Unterleib häufig als geladene Waffe und man merkt, wie sehr sie mit der Ohnmacht, die sie angesicht der nie endenden Ungerechtigkeiten in der Welt empfindet, kämpft. Zwar helfen ihr die Frauen im Chat, mit dieser Wut und Ohnmacht besser umzugehen. Aber es ist eben vorrangig keine Geschichte ÜBER diese Frauen.

Und mir war das Buch häufig auch zu spirituell. Das kommt sowohl von den biblischen Frauen als auch von Klara. Sie reden dann über Energien, Chakren und vieles mehr, bei dem ich innerlich abgeschaltet habe. Und obwohl es einmal die folgende Aussage gibt, die ich sofort unterschreiben würde, wird Wut allgemein doch als eine eher schädigende bzw. schlechte Emotion dargestellt. Aber angesichts der Ungerechtigkeiten in der Welt keine Wut zu empfinden ist in meinen Augen nicht gesund und hilft auch eher nicht, einen Wandel herbeizuführen.

„Wütende Frauen haben immer die Geschichte verändert, nur ihr Ruf ist schlecht. Der Ruf der Wut wurde von Männern vereinnahmt, denn wütende Frauen sind zu mächtig.“

26 % (tolino-Edition)

Ich hatte von diesem Buch viel mehr Informationen über die Frauen der Bibel erwartet und hatte mich wirklich darauf gefreut, über deren Leben zu lesen. Das geschieht aber nur recht eingeschränkt, stattdessen liegt der Fokus auf dem Wandel in Klaras Leben. Und das konnte mich nicht wirklich packen. Mangels weiterführender Quellenangaben eignet sich Bible Bad Ass auch nicht als Einstieg in eine Recherche. Für mich daher eine eher enttäuschende Lektüre, das ich besonders atheistischen Menschen nur eingeschränkt empfehlen kann.

Bewertung: 3 von 5.

Über Edith Löhle:
Löhle ist Journalistin und Autorin. Sie arbeitete jahrelang vorrangig für Lifestyle-Magazine und war Chefredakteurin für das deutsche Nylon Magazin und das Blonde Magazin.
Heute konzentriert sie sich auf Geschichten über soziale Ungerechtigkeiten und insbesondere die Benachteiligung weiblich gelesener Personen.
Quelle: Website der Autorin

Weiterführende Informationen zum Thema:
Auf das Thema Frauen in der Bibel wurde ich erstmals durch den Dokumentarfilm Jesus und die verschwundenen Frauen von Maria Blumencron, der sich mit vier Frauen um Jesus befasst und wie diese im Laufe der Zeit kleingehalten und vergessen wurden. Auch im Magazin fluter der bpb erschien ein Artikel über Frauen in der Bibel. Und mit der feministischen Theologie gibt es eine ganze theologische Richtung, die sich mit der Emanzipation der Frau beschäftigt. In Deutschland versucht in der römisch-katholischen Kirche zudem die Bewegung Maria 2.0 die Rolle von Frauen in der Kirche zu ändern.

WERBUNG

Hardcover: ISBN 978-3-7011-8322-7 | 24,50 €
256 Seiten | erschienen 2024

Verlagswebseite zum Buch

Website von Edith Löhle und von ihr gegründete Oma-Plattform HeyNana.de


Bildquellen
Cover: Leykam Verlag
Autorin: Website von Edith Löhle

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