Rezension – Miese Krise

Dass wir in Zeiten einer menschengemachten Klimakrise leben, ist kein Geheimnis. Dagegen scheint es manchmal fast unmöglich zu verstehen, wo man ansetzen kann, um dieser Krise und ihren furchtbaren Auswirkungen entgegenzuarbeiten. Mit „man“ meine ich übrigens vorrangig die Politik, aber gibt es vielleicht Wege, wie jede*r Einzelne von uns Druck auf unsere Gesetzmacher*innen aufbauen kann? Und was sind Punkte, an denen tatsächlich wir Verbraucher*innen ansetzen können? Diese Fragen beschäftigen mich (fast) jeden Tag. Ann-Sophie Henne und Robin Jüngling betreiben mit diesem Buch Aufklärung; illustriert wurde das ganze von Annika Le Large.

Gestern, am 5.6., war der Weltumwelttag. Und für mich stand schnell fest, dass ich diesen Tag zum Anlass nehmen möchte, ein wichtiges Buch vorzustellen und zudem ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Für die Studie „Jugend in Deutschland 2024“ wurden Anfang des Jahres über 2.000 Menschen zwischen 14 und 29 Jahren befragt. Und während vor allem die Tatsache, dass 22 % von ihnen die AfD wählen würden (was ich null nachvollziehen kann – Nazis wählt man nicht!), für Aufregung sorgte, gaben 50 % an, dass ihnen die Klimakrise Sorge bereitet (Quelle für alle Angaben aus der Studie: rbb). Und das wiederum konnte ich, die alterstechnisch offenbar noch zur Jugend zählt, sehr gut nachvollziehen.

Ich sehe durchaus, dass es in vielen Punkten vor allem verstärkt Aufgabe der Politik ist, für mehr Klimaschutz zu sorgen. Das ändert nichts daran, dass auch in meinem Leben Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt. Bei jeder Konsumentscheidung überlege ich, ob diese wirklich nötig ist (vor allem bei Lebensmitteln unstreitig zu bejahen) und welche Wahl ich dann treffe – Vegan? Plastikfrei? Regional? Welche Materialien? Welche Zertifizierungen? Das macht einkaufen sehr anstregend und so überrascht es vermutlich nicht, wenn ich sage, dass ich seit Juni 2023, also in den letzten zwölf Monaten, nur zwei Kleidungsstücke gekauft habe.
Auch bei Büchern spielt dieser Faktor mittlerweile eine Rolle. Ich leihe den allergrößten Teil meiner Bücher aus (rund zwei Drittel meiner Neuzugänge sind Leihen) und habe mittlerweile eine strikte „1 gedrucktes Buch pro Monat kaufen“-Politik. Weitere Bücher, die ich kaufe, sind dann eBooks. Und auch die Kaufentscheidung richte ich zunehmend mehr danach aus, was der Verlag, von dem ich ein Buch kaufen möchte, für den Klimaschutz tut.

Miese Krise zu kaufen, war in jeder Hinsicht eine leichte Entscheidung. Der Katapult-Verlag hat das Buch auf Recycling-Papier gedruckt und mit ClimateCalc den CO2-Ausstoß berechnet und kompensiert. Und inhaltlich ist das Buch genau das, was ich mir gewünscht habe: eine Zusammenfassung dessen, was wir über die Klimakatastrophe wissen und über die aktuellsten Prognosen, wie sich unsere Umwelt in den kommenden Jahr(zehnt)en vermutlich verändern wird.

Dabei gehen Henne und Jüngling auf unterschiedlichste Aspekte ein: Was haben die Klimakatastrophe und Kolonialismus oder Patriarchat miteinander zu tun? Wie reden wir über das Klima und sollten wir das vielleicht ändern? Wie können wir mit Angst und Wut aufgrund der Klimakatastrophe umgehen? Welche Handlungsoptionen haben wir? Das sind nur einige Beispiele für die aufgeworfenen Themen. So viel auf knapp über 200 Seiten abzudecken bedeutet, dass die Kapitel nicht übermäßig tiefgründig sind. Mit dem ausführlichen Quellenverzeichnis bietet Miese Krise aber den Anstoß für die weitergehende Recherche und weitere Quellen.

Es ist bestimmt kein fröhliches Buch; dafür sind die Konsequenzen der Klimakatastrophe zu gravierend. Aber es ist ein informatives Buch, das mich auf eine etwas merkwürdige getröstet hat (ich stehe mit meinen Bedenken, Gedanken, Sorgen und Bemühungen nicht alleine da und habe Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt bekommen). Mit den Illustrationen von Annika Le Large ist es ein auch optisch ansprechendes Buch. Und es gab mir Argumente für die nächste Konfrontation im Familien- und Bekanntenkreis.

Wenn ihr das Gefühl habt, zu wenig über das zu wissen, was immer wieder in den Medien beschrieben wird; wenn ihr das Gefühl habt, mit euren Sorgen alleine dazustehen; wenn ihr das Gefühl habt, nicht zu wissen, wo ihr anfangen sollt, was ihr tun könnt: lest dieses Buch! Und abonniert vielleicht direkt nachhaltig.kritisch auf einem Channel eurer Wahl.

Bewertung: 5 von 5.

Weiterführendes zum Thema:
Zur Klimakatastrophe und nachhaltigem Leben gibt es mittlerweile Materialien wie Sand am Meer und eine einfache Ecosia-Suche wird euch Massen an Ergebnissen bringen. Dennoch möchte ich an dieser Stelle drei Bücher mit euch teilen, die ich bereits gelesen und die mir gut gefallen haben. Besonders, weil sie eben nicht an uns Verbraucher*innen den Anspruch stellen, die Welt zu retten.
In Die Klimaschmutzlobby von Susanne Götze und Annika Joeres berichten die Journalistinnen, wie Lobbygruppen und Politiker*innen aktiv gegen mehr Umweltschutz arbeiten. Von den gleichen Autorinnen kommt Klima außer Kontrolle, in dem sie einen genaueren Blick darauf werfen, wie gut deutsche Gemeinden auf die Auswirkungen der Klimakatastrophe vorbereitet sind (Spoiler: quasi null).
Und zuletzt: Kathrin Hartmann beschreibt in Die grüne Lüge die Mechanismen hinter dem Greenwashing, das Unternehmen gerne betreiben und wie auch das dazu beiträgt, die Klimakrise weiter voranzutreiben.

Über die Autor*innen:
Die beiden Autor*innen Ann-Sophie Henne und Robin Jüngling sowie die Illustratorin Annika Le Large betreiben seit 2019 den Instagram-Account nachhaltig.kritisch sowie einen gleichnamigen Podcast. Dort beschäftigen sie sich mit Klimathemen und gehen auf die Aspekte eines nachhaltigen Lebens ein.
Quelle: Katapult

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Klappenbroschur: ISBN 978-3-948923-80-8 | 22 €
224 Seiten | erschienen 2024

Verlagswebseite zum Buch

Website der Autor*innen


Bildquelle Cover: Katapult

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