Nachdem mir die Leserunden zu Der dunkle Thron und Der Palast der Meere großen Spaß machten, freue ich mich sehr, dass Melli vom Blog Mellis Buchleben ab heute eine Leserunde zu Band 6 der Waringham-Saga, Teufelskrone, veranstaltet. Wir machen damit einen deutlichen Sprung in die Vergangenheit der Waringhams, denn dieser Band spielt ab 1193 und damit rund 200 Jahre vor Das Lächeln der Fortuna und rund 400 Jahre vor dem zuletzt gelesenen Band Der Palast der Meere.

Es geht heute, 2. November, los und ich freue mich sehr darauf, diesen Beitrag zu füllen. Schaut unbedingt auch bei Melli vorbei und lest euch unsere Diskussionen und Meinungen zu diesem Buch durch.
Bitte beachtet, dass der Rest des Beitrags Spoiler enthält!
Abschnitt 1 – Seite 1 – 112
Es war ganz schön, nicht die ganze Zeit im Hinterkopf zu überlegen, wie die Protagonist*innen nun mit denen aus vorherigen Büchern zusammenhängen.
Yvain erinnert mit seinem vorlauten Mund sehr an die Waringhams, denen wir schon in den anderen Bänden begegnet sind und war mir auch direkt sympathisch. Das gleiche kann ich jetzt nicht über Prinz John sagen, obwohl mir zugegebenermaßen auch dessen Bruder, der König, nicht besonders angenehm war. Das ist schon eine Änderung zu bisher, in der ich die jeweiligen königlichen Personen, denen die Waringhams nahestanden, meist mochte.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Yvain und William noch gute Freunde werden, obwohl ich die „Mutprobe“ auch als recht grausam empfand. Dass sich in der Hinsicht die Zeiten nicht unbedingt geändert haben (man hört von solchen Aktionen ja immer mal wieder aus den USA oder von alten britischen Unis), finde ich ganz furchtbar. Nur gut, dass wir Yvain da nicht über einen längeren Zeitraum begleiten mussten.
Ich gehe aber ehrlich gesagt nicht davon aus, dass Yvain zum letzten Mal ein Verlies von innen gesehen hat. Weil ich aber so gar keine Ahnung habe, wie sich die Geschichte zwischen Richard und John historisch entwickelte, bin ich sehr gespannt, wie es nun weitergeht.
Abschnitt 2 – Seite 112 bis 226
Mit dem Ende dieses Teils habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet: das ging doch sehr gesittet zu und ich hatte da mehr Dramatik erwartet. Andererseits überlegt man sich natürlich sehr gut, ob man vor den Augen der eigenen Mutter den eigenen Bruder tötet.
Mir hat in diesem Teil die „einfache“ Bevölkerung besonders leid getan, die so sehr und dem zu zahlenden Lösegeld leidet. Selbst Johns Hof steht dazu in einem starken Gegensatz. Und neben diesem wurde mir auch König Richard in diesem Teil nochmal unsympathischer. Die Brüder haben mit ihrem Streit die Menschen in England in eine unmögliche Situation gebracht, wenn es um das Zeigen von Unterstützung geht und nun wird auch noch die gesamte Bevölkerung für ein irrsinnig hohes Lösegeld geschröpft.
Ich bin auch gespannt, ob es im Lauf des Buches noch zu einer Rebellion durch die Nicht-Adligen Engländer*innen kommt, wenn England wirtschaftlich gar zu sehr leidet.
Für Yvain persönlich ist in diesem Teil gefühlt wenig passiert. Der Tod von Justin setzt ihm sicherlich zu (und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie schmerzhaft dieser Tod gewesen sein muss), im übrigen passiert in seinem Leben aber wenig dramatisches. Ich bin mir noch unsicher, ob es mit Pentecôte einen Erzfeind gibt oder dieser doch irgendwann noch eine Kehrtwende einlegt und ebenfalls zu einem zuverlässigen und guten Freund wird.
Ich bin mal wieder überrascht, wie leicht und schnell sich Gablés Bücher lesen lassen. Jetzt sind schon über 200 Seiten gelesen; so fühlt es sich aber gar nicht an und trotzdem habe ich heute auch noch einige andere Dinge geschafft.
Abschnitt 3 – Seite 227 bis 399
Dieser königliche Tod war ja nun wirklich vermeidbar und obwohl ich nicht wusste, was da kommt, habe ich bei der Szene den Kopf geschüttelt. Sich ungeschützt in Reichweite des Feindes zu bringen, ist schon sehr töricht.
Yvain wünsche ich wirklich sehr, dass er bald Ablenkung von seinem Schwarm für Amabel bekommt. Und dass er und seine Frau vielleicht mehr Nähe erfahren dürfen, als Amabel das mit Guillaume hatte. Ich vergesse ganz häufig, wie unterschiedlich wir heute und die Menschen damals Entfernungen empfanden und dass man aus Frankreich eben nicht innerhalb weniger Stunden für ein langes Wochenende nach England kam – bis Gablé dann schreibt, dass Guillaume sein Kind in anderthalb Jahren nicht einmal gesehen hat.
Im Übrigen bin ich noch nicht ganz überzeugt, dass Guillaume nicht irgendwann mal richtig Ärger mit König John bekommt. Und Yvain ist vermutlich gut beraten, wenn er auf seinen Onkel hört und John erst recht unterstützt.
Zu Beginn dieses Teils hatte ich wirklich gedacht, dass Yvain und Pentecôte sich wohl niemals annähern werden, aber zum Ende kann ich mir schon wieder vorstellen, dass das Verhältnis der beiden mal noch eine Kehrtwende macht.
Auch in diesem Teil musste wieder die einfache Bevölkerung, sowohl in Frankreich als auch in England, leiden. Mir macht das immer sehr zu schaffen, allerdings nicht so sehr wie die beiden Hinrichtungen, die etwas ausführlicher beschrieben werden. Da hat Gablé uns Leser*innen wirklich was aufgebürdet. Ich war jedenfalls sehr froh, dass ich während des Lesens nicht gegessen habe.
Sehr prophetisch ist wohl auch die Frage, wie viele der sechs, ehemals als Knappen zusammengekommenen, jungen Männer wohl bis zum Ende des Buches noch leben werden. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt!
Abschnitt 4 – Seite 400 bis 580
Ich weiß gar nicht, über wen ich mich in diesem Teil mehr geärgert habe: König John oder Yvain.
König John zerstört gerade nicht nur, was seine Eltern und sein Bruder aufgebaut haben, sondern auch, was er zu Beginn seiner Regentschaft erreicht hatte. Und dann der Mord an Arthur. So sehr dieser sich auch immer gegen John auflehnte und auch angesichts dessen, was er Yvain angetan hat, steht er doch allem entgegen, wie damals Gefangene zu behandeln waren. Auch, wie er Yvain behandelt, nachdem dieser ihm half, macht ihn noch unsympathischer. Von allen königlichen Herren, denen die Waringhams in den insgesamt sechs Bändern dienten, ist mir John der unliebsamste.
Aber auch bei Yvain fragte ich mich in diesem Teil immer wieder, was er sich nur denkt. Da bekommt er mit Beatriz eine freundliche, rücksichtsvolle, kluge und hübsche Frau und lässt sich dann trotzdem mit Amabel ein. Diese wusste bestimmt genau, wie es um Yvain steht. Als sie selbst noch eine Ehe hatte, die durch eine Affäre hätte torpediert werden können, unternahm sie nichts und genoß vermutlich die Schwärmerei Yvains. Als Guillaume dann kein „Problem“ in diesem Sinne mehr darstellte, kann sie sich plötzlich doch dazu durchringen, ihn zu erhören. Und ich befürchte ein bisschen die Entwicklungen, die sich daraus noch ergeben können. Denn Beatriz ist mir sehr sympathisch und ans Herz gewachsen; ich will eigentlich gar nicht so genau wissen, ob und wie diese unter der Affäre zwischen Yvain und Amabel noch leiden wird.
Guillaume hat mir sehr leid getan. Ich stelle es mir fürchterlich vor, zu wissen, dass man einer Krankheit leidet, die damals ein Todesurteil dartsellte und die Kranken zudem aus der Gemeinschaft ausgestoßen werden. Umso besser, dass er mit seiner Reise ins Heilige Land eine Möglichkeit fand, mit sich selbst vielleicht ins Reine zu kommen.
Ja, Cecily und Pentecôte war ein kleiner Plottwist, den ich nicht kommen sah, der mir aber richtig gut gefällt. Ich hoffe, von Cecily hören wir in den letzten beiden Teilen noch mehr. Allerdings schien diese neue Beziehung nicht unbedingt dazu zu führen, dass Yvain und Pentecôte sich freundlicher gegenüberstehen.
Abschnitt 5 – Seite 581 bis 759
Hab im ersten Teil noch gedacht, dass wir an Yvains Seite nochmal ein Verlies von innen sehen würden, aber dass es so furchtbar wird … Den Tod von William war nicht nur komplett unnötig und eine grausame Bestrafung für ein nicht begangenes Verbrechen, er war auch einfach tragisch und traurig. Und den Tod einer seiner engsten Vertrauten so hautnah mitzuerleben, wünscht man wirklich keinem. Yvain hat sich mit seinem Verhalten diesbezüglich ins politische Abseits befördert und ich muss sagen, dass es mir ganz gut gefallen hat, in diesem Teil so viel von Waringham zu lesen. Auch dass die Pferde-Gabe endlich zur Sprache kommt, fand ich schön. Da habe ich mich aber auch gleich gefragt, ob Yvain noch das Gestüt gründet oder ob das erst einer seiner Nachfahren macht.
Ich fand es auch erstaunlich, wie sehr sich die Menschen von dem Kirchenbann beeindrucken ließen. Das ist für mich heute unvorstellbar. Umso überraschender war daher, dass die Bevölkerung dennoch so sehr hinter dem König steht, der ihnen das eingebrockt hat. Für den läuft es ja im Großen und Ganzen ohnehin ganz gut in diesem Teil. Ich befürchte aber ein bisschen, dass es wegen Iselda noch zu einer üblen Konfrontation zwischen Yvain und John kommen wird und davor schaudert es mich auch ein bisschen, denn Iselda ist doch noch so jung! Gleichzeitig gibt es mit Richard ja vielleicht doch noch Hoffnung darauf, dass sie eine alters-angemessene „Partie“ macht.
Mit der Rückkehr von Guillaume habe ich ehrlich nicht gerechnet. Ich dachte nicht, dass dieser verlorene Bruder noch einmal eine größere Rolle im Buch spielen wird. Dass die beiden Brüder sich so gut verstehen, fand ich sehr schön. Sie haben es bisher tatsächlich geschafft, ihren Schwur zu halten und trotz der unterschiedlichen königlichen Loyalitäten und allem anderen eine enge Verbindung gehalten. Ich frage mich, ob sich das im letzten Teil noch ändert – entwegen wegen Amabel oder wegen Iselda und Richard.
Auf den letzten Teil bin ich nun auch sehr gespannt. Ich finde, es sind noch einige Stränge im Buch offen. Wie geht es mit Pentecôte und Cecily (von der wir gern noch mehr erfahren dürften!), aber auch Pentecôte und Yvain weiter? Und wird die Affäre mit Amabel einfach immer weiter gehen?
So einen richtig üblen Gegenspieler wie in früheren Büchern gibt es hier nicht. Selbst Pentecôte hat sich in diesem Teil Yvain gegenüber größtenteils sehr anständig verhalten und sogar versucht, ihn vor einer unüberlegten Reaktion gegenüber König John nach Williams Tod zu bewahren.
Abschnitt 6 – Seite 759 bis Ende
Gerade erst an den Hof und in die Gunst des Königs zurückgekehrt und schon wieder tief gefallen – was für ein Auf und Ab Yvain da an der Seite Johns erleben muss. Das Verhalten Johns ist irgendwie auch eine selbsterfüllende Prophezeiung. Bei der vorherigen Verschwörung hat Yvain sich ja noch gegen die Rebellen gestellt, obwohl er auch zu der Zeit nicht in der Gunst des Königs stand. Aber wenn man häufig genug getreten wird, wendet man sich doch irgendwann ab.
Die Belagerung von Waringham war ganz schön nervenaufreibend! Ich habe wirklich befürchtet, dass Yvain Pentecôte in die Hände fällt, der sich besonders in diesem Teil als skrupelloser und häufig grausamer Mann herausstellte. Nur gut, dass es dazu nicht gekommen ist. Dass Guillaume noch einmal einen großen Auftritt hat, war schön. Da rettet er „mal schnell“ Waringham und die Menschen im Burgfried vor einem furchtbaren Ende, kann noch einmal mehr Nähe zu seinen Mitmenschen erfahren und muss nicht einen langgezogenen Tod sterben, vielleicht noch lange von seiner Gemeinschaft ausgestoßen.
Das Wegklappen des Bodens im Bergfried wurde in einem der vorherigen Bücher schon einmal erwähnt, ich hatte das aber nicht mehr im Koppf. Zumal es, meine ich, das erste Mal ist, dass diese Abwehrmaßnahme tatsächlich Anwendung findet.
Dieser Band erklärt nicht nur, wie die Pferde-Gabe bei den Waringhams aufkam, wir erfahren auch, wie das berühmte Waringham-Schwert in die Familie kam. Auch wird, meine ich, in chronologisch späteren Büchern immer mal wieder auf das „aquitanische Blut“ der Familie angespielt und nun haben wir eine ausführliche Erzählung, wie es in die Familie kam – zumal die Ehe von Yvain und Beatriz trotz seiner Affäre mit Amabel und langer Zeiten getrennt voneinander eine recht fruchtbare war.
Wo wir bei Liebesdingen sind: dass Iselda und Richard ihr Happy End bekommen, hat mich auch sehr gefreut. Ebenso wie Yvain habe ich mich zudem gefreut, dass König John Iselda nicht in die Finger bekommen hat.
Aber über Yvain habe ich mich sehr geärgert. Da fällt ihm nach Jahren seiner Affäre mit Amabel und nachdem er Beatriz in diesem Teil besonders unfreundlich behandelt hat, ein, dass er eigentlich doch seine Ehefrau liebt und sie die Richtige für ihn ist. Und das nach der unfreundlichen Verabschiedung – an der Stelle war mir auch das Ende des Buchs zu abrupt, muss ich sagen.
Fazit
Ich war auch von diesem Buch begeistert! Es ist dick, aber im Endeffekt habe ich es wieder sehr rasch gelesen. Gablé schreibt immer unterhaltsam und spannend, das war auch in diesem Band wieder der Fall.
Es ist in meinen Augen das Buch mit dem unsympathischsten royalen Vertrauten der jeweiligen Hauptperson. Die Wechselhaftigkeit und Grausamkeit von John hat es mir häufig unverständlich gemacht, warum Yvain ihm gegenüber so loyal ist.
Yvain war typisch Waringham: nicht grausam (zumindest nicht nach den Maßstäben der damaligen Zeit); manchmal vorlaut, was ihn ja auch immer wieder in Gefahr brachte; Pferdeliebhaber; anständig gegenüber seiner Frau (auch hier wieder: nach den Maßstäben seiner Zeit).
Ich bin schon sehr gespannt auf Drachenbanner (die Leserunde dazu kommt dann im neuen Jahr), finde es aber auch schade, dass damit dann alle bisherigen Waringham-Bücher gelesen sein werden 🙂
„Wenn du einem König deine Freundschaft schenkst, läufst du immer Gefahr, an seinen Taten zu verzweifeln.“
Yvain of Waringham, S. 695
Quelle Buchcover: lübbe

10 Kommentare zu „Leserunde zu „Teufelskrone“ von Rebecca Gablé“