Rezension – Wir müssen über Geld sprechen

Wir müssen über Geld sprechen ist eine Mischung aus Autobiographie und Ratgeber. Uwagba erzählt von ihrer Kindheit und Schulzeit. Sie beschreibt, wie ihr Aufwachsen ihre Sicht auf Geld und Finanzen beeinflusste. Dabei geht sie darauf ein, wie Klassismus, Rassismus und Sexismus massive Unterschiede in den Möglichkeiten, die uns offenstehen, hervorrufen.
Insbesondere Frauen möchte sie dazu aufrufen, sich öfter über Geld zu unterhalten.

CW für das Buch am Ende des Beitrags

Vielen Dank an NetGalley.de und den Atlantik-Verlag für dieses Rezensionsexemplar!

Ich muss zugeben, dass ich mir vom Inhalt dieses Buchs etwas anderes erwartet hatte. Ich hatte mit einem Ratgeber gerechnet, vielleicht auch in Richtung Selbsthilfe gehend. Tatsächlich ist es aber hauptsächlich eine Autobiographie. Uwagba beschreibt ihr Aufwachsen in einem armen Londoner Stadtteil, vor allem aber ihre Schulzeit und das daran anschließende Studium in Oxford.

Sie geht darauf ein, wo Unterschiede zwischen ihren Mitschülerinnen, die zumeist aus wohlhabenden Familien stammten, und ihr, die dank eines Stipendiums die Schule besuchte, bestanden. Auch an der Universität gab es häufig noch diese Unterschiede. Sie schreibt aber auch, dass sich viele Gemeinsamkeiten ergeben, weil man sich im gleichen Lebensabschnitt befindet. Ein Wandel vollzieht sich, als das Thema Finanzen zunehmend wichtig wird. Mussten sich zunächst alle mit Aushilfsjobs behelfen, zeigt sich bald, dass manchem*r Gleichaltrigen der Weg nach dem Uni-Abschluss dank wohlhabender bis reicher Eltern und/oder Großeltern und deren Beziehungen geebnet wird.

Uwagba geht es nicht darum, jungen Menschen mit wohlhabenden oder reichen Familien herunterzumachen oder ihnen Scham ob des, selten selbst verdienten, Reichtums zu machen. Mit Wir müssen über Geld sprechen will sie aufzeigen, dass wir immer mal wieder unsere eigenen Privilegien hinterfragen sollten. Ich denke, das ist heute vielen nicht mehr unbekannt. Aber wir denken dabei wohl vor allem an Faktoren wie Race oder Gender (zumindest geht es mir so), während ein ebenso wichtiger, vielleicht noch wichtigerer, Faktor das Geld ist.

Unterfüttert mit Statistiken und Studien zu den Themen Rassismus, Sexismus und Klassismus beschreibt sie, welch großen Unterschied ein gut gefülltes Bankkonto von Geburt an macht.
Besonders authentisch fand ich dabei, dass sie immer wieder auch ihre ohnmächtige Wut zum Ausdruck bringt. Sie will ihren Freund*innen, die sich dank Mama und Papa mit Mitte 20 ein Haus kaufen, dieses Haus nicht missgönnen. Aber sie, und wir alle, bekommt von den Medien vorgespielt, dass es nur an ihr liege, wenn sie mit 30 „noch immer nicht“ in der Lage ist, ein Haus zu kaufen.

Ein wichtiges Buch, das mir vor allem gezeigt hat, wie schädlich es ist, sich nicht über Geld zu unterhalten und, fast noch wichtiger, wie schädlich es wird, wenn wir uns gegenseitig vorgaukeln, dass alles, was wir erreichen durch unsere eigene Leistung zustande kam. Und nicht etwa durch Privilegien, die fast alle von uns in irgendeinem Bereich haben, und ganz viel Glück.

[…] darauf läuft es letztlich hinaus: auf die Norm der männlichen Dominanz und die Erwartung, dass Frauen sich unterordnen. Die ständige Erwartung, dass wir uns unterordnen, dass wir unsere Wünsche und Ambitionen so klein halten, dass wir nur den Platz einnehmen, den uns Männer überlassen, dass wir uns still und leise in die Ritzen zwischen ihren Egos, Erwartungen und ihrem Stolz fügen.

S. 64 (tolino)

Bewertung: 4 von 5.

Über Otegha Uwagba:
Uwagba wurde in Nigeria geboren. Mitte der 90er-Jahre zog die Familie nach Großbritannien, wo Uwagba Philosophie, Politikwissenschaften und Wirtschaft in Oxford studierte. Heute lebt sie in London und arbeitet als Autorin, Rednerin und Beraterin.
Quelle: Buch

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Originaltitel: We Need to talk about Money | Übersetzerin: Yezenia León Mezu
Taschenbuch: ISBN 978-3-455-01326-9 | 22,00 €
352 Seiten | erschienen 2022

Verlagswebseite zum Buch

Website von Otegha Uwagba


Bildquellen
Cover: Hoffmann und Campe
Autorin: Website von Otegha Uwagba

CW für das Buch: sexuelle Belästigung (erwähnt), Sexismus, Misogynoir, Rassismus, Klassismus, Deadnaming einer trans Person

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