
In Wien ist Alice Urbach eine bekannte und angesehene Köchin, die große Erfolge mit ihrem Kochbuch feiert. Doch mit der Ankunft der Nationalsozialisten in Wien, verliert sie ihre Karriere und sieht sich schließlich gezwungen, ihren Söhnen ins Exil zu folgen. Sie leitet ein Flüchtlingsheim für jüdische Mädchen in Großbritannien und geht nach dem Krieg in die USA. Dort baut sie sich erneut eine Karriere als Köchin auf. Bei einer Reise nach Wien findet sie ihr Kochbuch in einer Buchhandlung. Aber als Verfasser steht ein anderer Name auf dem Buchdeckel.
Vielen Dank an NetGalley.de und den Propyläen Verlag für dieses Rezensionsexemplar!
Es hat lang gedauert, bis ich dieses Buch gelesen habe. Das lag zum einen daran, dass ich es nicht immer ertrage, Bücher über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg zu lesen – man weiß genau, dass es nicht ausgehen wird. Zum anderen waren mir die ersten Kapitel zu langatmig. Aber das Buch nimmt bald Fahrt auf und dann konnte ich es kaum mehr aus der Hand legen.
Die Arisierung von Werken mit jüdischen Verfassern ist etwas, über das ich vor diesem Buch nie nachgedacht habe. Logisch betrachtet macht es Sinn. Denn wenn Kunstwerke, Schmuckstücke, Wohnung und andere Besitztümer Juden gestohlen wurden, warum dann nicht Urheberrechte?
Mich haben die Beschreibungen, wie der Ernst Reinhardt Verlag auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg mit Alice Urbach und ihrem Buch umging, sehr wütend gemacht. Es zeigt sehr deutlich auf, wie Deutsche, die nicht verfolgt wurden, nach 1945 mit den Überlebenden der Politik der Nazis und des Holocaust umgingen; wie viel Verachtung ihnen entgegenschlug und auch, wie wenig die Nicht-Verfolgten bereit waren, sich ihrer Verantwortung zu stellen.
Richtig interessant war dagegen die Geschichte von Otto Urbach, der als amerikanischer Spion in Deutschland arbeitete. Vieles von seiner Arbeit ist nicht bekannt, da kein Zugang zu den Archiven besteht. Aber das Wenige, das bekannt ist, hat Karina Urbach spannend verarbeitet und wiedergegeben. Ich will nicht spoilern, aber es war erstaunlich, welche Verbindungen geschaffen wurden und welch wichtige Arbeit geleistet wurde. Teilweise hörte es sich schon sehr nach Ironie des Schicksals an, dass vertriebene Juden wie Otto Urbach dazu beitrugen, Amtsträger des Dritten Reichs zur Strecke zu bringen.
Karina Urbach hat eine ebenso interessante wie tragische Familiengeschichte und ich bin ihr sehr dankbar, dass sie diese aufgeschrieben hat. Denn Das Buch Alice ist ein wichtiges Buch, das Licht auf ein bisher kaum beachtetes Thema bei der Judenverfolgung wirft.
Alice Urbach

Alice Mayer wurde 1886 in Wien geboren. Sie heiratete 1912 den Arzt Maximilian Urbach, mit dem sie die Söhne Otto und Karl bekam. Maximilian verspielte das Geld der Familie und verstarb bereits 1920.
Um sich und ihre Kinder zu ernähren, gründete Alice eine Kochschule sowie den ersten Essenslieferservice Wiens. Bereits 1925 erschien ein erstes Kochbuch von ihr und ihrer Schwester Sidonie, zehn Jahre später dann So kocht man in Wien!
1946 ging sie in die USA, dort arbeitete sie wieder in einer Kochschule und trat zudem in Kochsendungen im Fernsehen auf.
Alice Urbach starb 1983 in Mill Valley, Kalifornien.
Quelle: Wikipedia
Alice Urbach mit ihrem Sohn Otto, dem Vater Karina Urbachs (ca. 1948/49) →

Über Karina Urbach:
Urbach ist die Tochter von Otto R. Urbach, einem Sohn Alices, und der Schauspielerin Wera Frydtberg.
Sie wurde 1968 in Düsseldorf geboren, studierte Politikwissenschaften, Geschichte und Philosophie in München und promovierte 1996 in Cambridge.
Sie hat an zahlreichen historischen Dokumentationen mitgearbeitet und erregte 2015 Aufsehen mit einer Studie über die Verbindungen des deutschen und britischen Adels zu den Nationalsozialisten.
Unter einem Pseudonym hat sie den Roman Cambridge 5 veröffentlicht.
Quelle: Wikipedia
WERBUNG
Hardcover: ISBN 9783549100080 | 25,00 €
E-Book: ISBN 9783843723572 | 19,99 €
432 Seiten | erschienen 2020
Verlagswebseite zum Buch
Interview mit Karina Urbach über das Buch und ihre Großmutter im SPIEGEL
Bildquellen
Cover: Ullstein
Alice und Otto Urbach: SPIEGEL
Autorin: Ullstein (© Dan Komoda)