Rezension – Der silberne Elefant

Die junge Emilienne ist dem Bürgerkrieg in Ruanda entkommen und hat in London ein neues Leben begonnen. Die grausamen Erinnerungen an ihre Heimat versucht sie zu verdrängen. Vera hat in jungen Jahren einen Fehltritt begangen und möchte ein guter und moralischer Mensch sein – wenn nur ihre quälenden Schuldgefühle nicht wären und die Unmöglichkeit, ihrem Verlobten davon zu erzählen. Und die 56-jährige Lynn ist schwer erkrankt und rechnet schonungslos mit den verpassten Chancen ihres Lebens ab. Alle drei Frauen werden von dunklen Geheimnissen und seelischen Verletzungen geplagt, doch auf sich allein gestellt, gelingt es ihnen nicht, die Dämonen ihrer Vergangenheit zu verscheuchen. Erst als sich ihre Wege eines kalten Winters kreuzen, bewegt sich etwas in ihnen – und langsam, ganz langsam, beginnen sie, einander zu stützen und für die Zukunft zu stärken.
Quelle: Ullstein

CW für das Buch am Ende des Beitrags

Dieses Buch lässt sich mit Fug und Recht als Achterbahn der Gefühle beschreiben.
Emiliennes Geschichte hat mich sehr mitgenommen. Es war nicht nur die ein oder andere Träne, sondern ein Sturzbach an Tränen, der mir über die Wangen gelaufen ist. Andererseits sind Vera und Lynn zwei Charaktere, die ich nicht besonders gut leiden konnte. Sie haben ein Stück Weit gegenüber Emilienne den Nachteil, dass ihre Schicksale im Vergleich nicht besonders tragisch wirken.

Viel größere Probleme hatte ich aber mit zwei anderen Dinge. Das erste ist Luke, Lynns Sohn und Veras Verlobter. Dieser ist sehr gläubig und setzt die Maßstäbe, die er an sich selber stellt, auch bei Vera an. Ich habe wirklich kein Problem damit, wenn jemand seinen Glauben auslebt und dies auch in seinem Umfeld wünscht. Aber die Entscheidungen Veras in der Vergangenheit gegen sie zu verwenden, finde ich übel. Hinzu kommt, dass sein Verhalten ihr gegenüber zwar nicht körperlich aber emotional missbräuchlich ist. Die eigene Verlobte zu ghosten ist schon ein starkes Stück.

Mein zweites Problem ist wer dieses Buch geschrieben hat. Damit meine ich nicht, dass Jemma Wayne selbst mit problematischen Aussagen oder ähnlichem auf sich aufmerksam gemacht hat. Aber die Geschichte um Emilienne nimmt den größten (und wichtigsten) Teil des Buchs ein – und bei Jemma Wayne handelt es sich um eine weiße Autorin. In dem Zusammenhang fand ich ein paar Aussagen im Buch zumindest (aus meiner ebenfalls weißen Sicht) grenzwertig. Zudem ist es in meinen Augen immer besser, in solchen Fällen #ownvoices-Autor*innen zu unterstützen.

Mir bestand der Schreibstil aus zu viel Palaver. Es gab ganze Absätze, die ich deshalb übersprungen habe. Nimmt man das alles zusammen, kann ich Der silberne Elefant nicht wirklich empfehlen. Wenn ihr ein Buch über den Völkermord in Ruanda lesen wollt (Emiliennes Geschichte macht wie gesagt den interessantesten Teil des Buches aus), dann sucht lieber eines von einem*r ruandischen Autor*in.

Bewertung: 2 von 5.

Über Jemma Wayne:
Wayne wurde als Tochter eines Amerikaners und einer Britin geboren und wuchs im britischen Hertfordshire auf.
Der silberne Elefant ist ihr Debütroman, seitdem sind im Englischen noch zwei weitere Bücher von ihr erschienen.
Sie ist zudem als freie Journalistin und Theaterautorin tätig.
Zusammen mit ihrer Familie lebt sie in London.
Quellen: Jemma Waynes Website & Ullstein

WERBUNG

Originaltitel: After Before | Übersetzerin: Ursula C. Sturm
Hardcover: ISBN 978-3-96161-1-058 | 24,00 €
E-Book: ISBN 978-3-96161-1-119 | 19,99 €
384 Seiten | erschienen 2021

Verlagswebseite zum Buch

Jemma Waynes Website


Bildquellen
Cover: Ullstein
Autorin: Jemma Waynes Website

CW für das Buch: Vergewaltigung (graphisch), Folter (graphisch), Genozid, Trauma, Depressionen, Krebs, Abtreibung, Drogen, extreme Gewalt

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